„Bitte legen Sie nicht auf, Sie werden gleich verbunden“

Kennen Sie diesen Satz? Oder eher auf Englisch „Please hold the line“? Ich vermute, dass viele diesen Satz aus der Warteschleife am Telefon kennen. Ich habe über diesen Satz nachgedacht und möchte mit Ihnen meine Gedanken darüber teilen und was er mit mir persönlich zu tun hat.

Friedemann Schultz von Thun, ein deutscher Kommunikationspsychologe hat das „Vier Ohren Modell“ entwickelt, mit der Nachrichten in einem Dialog gesendet und gehört werden können. Demnach kann ich als Sender dieses Satzes „Bitte legen Sie nicht auf!“ ihn zum reinen Informationszweck, als Apell/Aufforderung bloß nicht aufzulegen, als Bitte zum Erhalt unserer Beziehung oder zur Selbstdarstellung aussprechen. Im schriftlichen Dialog kann unsere innerliche Ausrichtung an einem Satzzeichen (?.!). erkannt werden. Im Gespräch wird dies durch die Tonlage, Stimmkraft und Mimik und Gestik versucht zu vermitteln. Gestik und Mimik fallen bei einer automatisierten Ansage schon mal weg und stehen mir als Orientierung nicht zur Verfügung. So bleiben die reine Stimme und die Worte übrig.

Als Empfänger kann ich entscheiden, wie ich diesen Satz höre. Und das hängt einzig allein von meiner augenblicklichen Situation ab. Bin ich eher ungeduldig oder gar wütend, weil ich schnell Unterstützung brauche und jetzt warten soll, werde ich diesen Satz anders aufnehmen als wenn ich Zeit habe, weil eine Aufgabe gerade weggefallen ist oder ich Urlaub bzw. meinen freien Tag habe. Ist letzteres der Fall kann ich geduldig und gelassen warten und beginne vielleicht nebenher damit meinen Schreibtisch aufzuräumen. Es kann auch sein, dass ich super gestresst bin und ich in diesem Moment eine Chance für eine kurze Entspannungsübung entdecke, weil ich an einem Achtsamkeitstraining teilgenommen habe.

Das bedeutet, ich als Hörer habe die Wahl wie ich die Botschaft hören will und wie ich damit umgehe. Ich habe es buchstäblich in den Händen.

So kann es nützlich sein, sich selbst zu fragen: Habe ich den Telefonhörer, der mich mit der Leitung zu mir selbst und zu meinen Bedürfnissen verbindet, bewusst in der Hand? Bin ich mit mir gerade verbunden oder habe ich schon lange innerlich aufgelegt? Wann habe ich mich das letzte Mal selbst angerufen? Habe ich gerade Lust auf ein Gespräch mit mir selbst?

Angenommen, Sie haben sich schon lange nicht mehr selbst angerufen. Sie können sich zunächst die wichtigste Frage stellen: Will ich mich gerade jetzt mit mir verbinden? Passt der Zeitpunkt?

Oder will ich mich mit meinem Gegenüber – in diesem Fall ein Automat verbinden? Und ich merke gerade wie wichtig mir Kontakt zu jemanden ist und dass ein unerfüllter Kontakt eine Menge in mir in Bewegung setzen kann.

Es kann sein, wenn Sie lange keinen Kontakt mehr hatten, dass Ihnen die Nummer nicht mehr einfällt, was im übertragenen Sinne bedeutet, dass ich nicht weiß, wie es geht eine aufrichtige tiefere Verbindung herzustellen. Genau darum geht es mir Menschen darin zu unterstützen, wieder in Verbindung zu kommen- entweder mit sich und ihrem Körper oder mit einer anderen Person. Und jemanden (wie meinen Patienten,Coachees oder Seminarteilnehmern) dabei zu unterstützen sehe ich als eine für mich wunderbare gesundheitsfürsorgliche Möglichkeit, den Kontakt zu mir selbst immer wieder zu prüfen, zu intensivieren oder bewusst für meine Mitmenschen zu unterbrechen .

Zurück zu unserem Beispiel kann diese Wartezeit und die ständige Wiederholung der automatisierten Ansage uns nutzen? Bin ich bereit? Für wen? Mich oder mein Gegenüber? Was will ich? Welches Gefühl ist gerade in mir? Was denke ich? Schimpfe ich über den anderen und echauffiere mich über diese unmögliche Ansage oder die Langsamkeit des Unternehmens?  Oder denke ich darüber nach, was ich jetzt wirklich brauche und was die Situation verbessern könnte?

Oder beginne ich eine Fantasiereise (heutzutage wird ja oft eine Musik eingespielt, die es uns erleichtert in eine andere Welt abzuheben, wodurch ich aus meiner Alltagssituation aussteigen kann: Wer diese Ansage oder Musik wohl entworfen hat? Wie sieht diese Person wohl aus? Dunkle oder blonde Haare, alt oder jung? Oder ist sie künstlich hergestellt worden?  In welcher Stadt ist die Aufnahme entstanden? Wer hat daran mitgewirkt, dass genau diese Ansage von mir gerade gehört werden kann und keine andere wie z.B. wann jemand erreichbar ist? Wieviel Zeit und Geld musste dafür investiert werden und und und …

Irgendwann werden wir uns selbst wieder gewahr, dass wir in diesem Raum an diesem Telefon hängen und warten. Möglich ist auch das unsere imaginäre Reise mit unseren Erinnerungen an schöne Zeiten (Urlaub, Verliebtheit, Erfolgsmomente etc.) abrupt unterbrochen wird durch eine andere Stimme „Guten Tag, mein Name ist… was kann ich für Sie tun?“ Überrascht vielleicht auch ein wenig erschrocken, beginnen wir herum zu stammeln. Durch den geistigen Ausflug sind wir noch nicht ganz wieder bei uns. Jetzt heißt es wie mit einem Düsenjet zu uns zurückzukehren, um unser Anliegen klar vorzutragen. In diesem Augenblick taucht für einen Bruchteil einer Sekunde vielleicht ein Gefühl von Scham auf, weil wir nicht so schnell alles auf den Punkt bringen können ( Unser Verstand ist einfach langsamer als ein Jet). Das Gefühl von Scham behagt uns überhaupt nicht und wir überspielen es sofort mit einem verlegenen Lächeln, entschuldigen uns für unsere anfänglich wirren Worte oder rüsten uns zu einem zynischen Angriff auf das Gegenüber, der uns einfach aus unserer Träumerei gerissen hat und sagen :„Schnecken sind schneller als Sie!“ Dabei ist Scham ein sehr nützliches Gefühl, weil es uns einlädt zu reflektieren, wie es uns in dem Moment ergangen ist. Die Gedankenreise hat uns vielleicht gerade gut getan und wir sind etwas traurig darüber, dass sie so abrupt endete. Die gute Nachricht ist, ich kann sie zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen.

Bewertende oder zynische Aussagen tragen sicher nicht dazu bei, die endlich ersehnte Verbindung aufrecht zu erhalten und das sich gerade aufbauende Gespräch in eine erfolgreiche Richtung zu lenken. Denn je nachdem wie der Empfänger mit unserem „Schnecken Urteil“ umgeht, hat auch er, wenn er sich dessen bewusst ist, die Wahl -in den Kampfmodus einzusteigen oder auf stur zu schalten oder sich in uns einzufühlen und die Schnecke nicht als persönliche Beleidung anzunehmen.

Sie sehen Verbindungen entstehen durch Kontakt. Und es können Sie die unterschiedlichsten Gefühle (Wut, Frust, Genervtheit, Scham,Traurigkeit oder auch Entspannung) dabei entwickeln. Unser Bewusstsein und unsere Wahrnehmung lassen sie in dem verbindungslosen Raum entstehen. Was es auch ist, verbunden sind wir immer mit irgendetwas,  mit uns selbst oder mit irgendjemanden.

Genauso ist es auf der körperlichen Ebene. Unsere Körperteile und die verschiedenen Gewebearten sind auch miteinander verflochten. Wenn Sie darüber etwas lesen möchten, dann finden Sie in dem Blogbeitrag „Alles ist mit Allem verbunden“, wer für Verbindungen im Körper zuständig ist

Haben Sie meine Zitatensammlung schon entdeckt? Zu diesem Thema Verbindung finden Sie hier ein passendes Gedicht von Hildegard von Bingen.

Ab 15 Februar wird auch unser neuer Imagefilm von den Studenten der Medien Hochschule in Ansbach auf der Website zu sehen sein.

Schauen Sie doch mal rein und verbinden sich auf diese Weise mit einem Teil von mir.

 

Imke Götz
Menschen in Verbindung zu bringen Expertin für Körperkommunikation IMpuls® - Körper - Gestalt - Coach

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